Offener Brief an den SV Darmstadt 98

Sehr geehrte Verantwortliche des SV Darmstadt 98,

wir richten uns heute aus unschönem Anlass mit diesem offenen Brief an Sie. 2 Tage vor dem Gastspiel unseres Vereins, dem 1.FSV Mainz 05, haben wir heute von unseren Fanbeauftragten die Mitteilung erhalten, dass unsere geplante Choreographie im Gästebereich durch den SV Darmstadt 98 verboten wurde. Wochenlange Arbeit und ein vierstelliger Geldbetrag, der für eine kleine Fangruppe wie die unsrige nicht leicht aufzubringen ist, sind damit für die Füße. Nach den zunächst positiven Signalen für eine Genehmigung ist eine solche Kehrtwende kurz vor Ultimo natürlich ein gewaltiger Schlag ins Gesicht.

Der SV Darmstadt hat in den letzten Jahren eine vielbeachtete Erfolgsgeschichte geschrieben, bundesweit fliegen dem Neubundesligisten die Herzen zu. Und tatsächlich, da hat es mal wieder ein Traditionsverein nach oben geschafft, ohne große Geldgeber wie Hoffenheim, Leipzig oder Ingolstadt, dafür mit jeder Menge Arbeit und Leidenschaft. Das alte Stadion, die baufälligen Kabinen – all das hat einen gewisse Mythos erschaffen, der eine Besonderheit im Profifußball darstellt.

Einigen scheint das in Darmstadt nun zu Kopf gestiegen zu sein, statt einen stimmungsvollen Südwestschlager auch auf den Rängen möglich zu machen, wird nun von Seiten des SV Darmstadt versucht, Fankultur mit Verboten zu regulieren. An dieser Stelle hilft es vielleicht, Ihnen ins Gedächtnis zu rufen, wie es noch vor einigen Jahren um die Lilien stand. 2008 musste der SV Darmstadt einen Insolvenzantrag stellen, weil nicht genug Geld für die Regionalliga Lizenz vorhanden war. Dank dem enormen Einsatz vieler Fans und Gönner sowie der großen Unterstützung vieler anderer Vereine und Institutionen konnte die Insolvenz damals verhindert und der Spielbetrieb aufrechterhalten werden. Ohne diese Hilfe wäre Darmstadt 98 nicht dort, wo sie heute sind.

Warum wir das erzählen? Nun…auch die Fanszene des 1.FSV Mainz 05 beteiligte sich damals, initiiert von der Ultraszene, an den Hilfsaktionen für Darmstadt 98 und sammelte Geld, um den alten Rivalen am Leben zu erhalten. Dieselbe Fanszene, der nun Darmstadt 98 mit kurzfristigen Verboten entgegentritt. Plötzlich wirkt das Bild des kleinen, sympathischen Underdogs arg löchrig, Werbeslogans wie „Aus Tradition anders“ – nichts als reine Worthülsen. In Rekordtempo hat auch Darmstadt es geschafft, sich einzureihen in die Liste der gewöhnlichen Vereine, da haftet kein irgendwie besonderer fußballromantischer Glanz. Wie überall anders zählt Geld in Darmstadt mehr als Werte wie Loyalität oder Respekt. Wir haben aber auch gar keine Lust, jetzt hier rumzuheulen, ihr Geschäftemacher und Sicherheitsfanatiker werdet unsere Ideale ohnehin nie verstehen.
Aus gegebenem Anlass möchten wir Sie aber noch daran erinnern, dass die wahre Größe sich nicht in der Niederlage zeigt, sondern im Moment des Triumphs.

Mit freundlichem Gruß
Handkäsmafia Mainz