Letzter Spieltag und Mainz 05 qualifiziert sich in einem packenden Spiel für das internationale Geschäft. Nicht nur für uns, sondern auch für den Gegner HSV geht es im Vorfeld um alles. Dementsprechend auch ein großer Gästeanhang vor Ort und das Stadion seit Wochen restlos ausverkauft. Man sollte meinen, dies wären beste Vorzeichen für ein emotionales Feuerwerk gewesen, aber irgendwie hat dieses richtige Endspielfeeling diesmal, zumindest bei uns, nicht gezündet.
Ursachen dafür gibt es reichlich, angefangen bei dem unrühmlichen Abgang von Thomas Tuchel, bis hin zum völlig übertriebenen Polizeieinsatz. Grund genug für uns mal einen kleinen Rundumschlag zu starten und in gewohnter Deutlichkeit unsere Kritik zu äußern.
Nebengeräusche um Tuchel
Wer ein wenig zwischen den Zeilen lesen kann, hatte schon seit Wochen eine gewisse Vorahnung, was die Zukunft unseres Trainers betrifft. Immer wieder gab es Spekulation über Gespräche mit Leverkusen, Schalke oder ein Treffen mit den Verantwortlichen eines Brauseherstellers. Dem entgegen bestand ein vertragliches Verhältnis mit dem 1.FSV Mainz 05 und Dementis von Tuchel selbst und Manager Christian Heidel. Wie im Nachhinein rauskam, hatte Tuchel schon seit Januar seinen Abgang angekündigt. Bis zuletzt lag er danach wohl mit Heidel im Clinch über die Modalitäten seines Abgangs. Spätestens beim Hamburgspiel selbst wurde das Thema dann sehr präsent. Erst durch seltsame Andeutungen von Klaus Hafner vor dem Spiel, spätestens zur zweiten Halbzeit, war der bevorstehende Abgang bis zum Großteil des Publikums durchgesickert. Der Zeitpunkt dafür natürlich denkbar beschisse. Freude über den Einzug in den Europacup traf unvermittelt auf die Sorgen um die Zukunft des soeben erreichten. Ausgelassen feiern sieht jedenfalls anders aus, diese Sache hat doch ein Geschmäckle. Wir wollen auch gar nicht groß rumlamentieren und irgendjemandem hier die Schuld zuschieben. Thomas Tuchel hat hier 5 Jahre erfolgreiche Arbeit geleistet und Christian Heidel genießt, sofern es keine Fanangelegenheiten angeht, unser vollstes Vertrauen. Wahrscheinlich sind da auch einfach 2 Sturköpfe aneinander geraten, die eben hier unterschiedlicher Auffassung sind. Aus privater Perspektive Tuchels, wird seine Meinung sicherlich verständlich sein. Für uns als Anhänger des Vereins ist der Abgang und die damit verbundenen Begleitumstände natürlich wenig begeisternd. Durch den schlechten Zeitpunkt und die Art der Kommunikation, ist dieses Hin und her einfach dem Abgang eines verdienten Trainers und dem aktuellen sportlichen Erfolges unwürdig. Wir finden das sehr schade und bedauern, dass es so gekommen ist. Es zeigt aber auch wieder mal, dass wir Fans uns nicht in Personenkult üben sollten. Was zählt ist der Verein und einzelne Protagonisten sind in einem Moment der „große Held“ , um im nächsten Moment die Koffer zu packen. Das ist im modernen Fußballgeschäft die Realität, so bitter und enttäuschend es auch sein mag.
Marketingparade vs Fankultur
Aber nicht nur der Abgang Tuchels war der Situation unangemessen, insbesondere wie der Verein das Drumherum gestaltet hat, war in unseren Augen leider desaströs. Vor dem Spiel wurden 30.000 Fähnchen im Stadion verteilt, nur leider in absoluter Miniaturgröße. Immerhin wurde diesmal im Vorfeld bei der Szene gefragt, ob so eine Aktion für die Leute in Ordnung wäre. Da die Fähnchen keinen Sponsorenaufdruck haben sollten, wurde dem auch ohne weiteres zugestimmt. Dass eine Choreografie dann aber derartig undurchdacht und lieblos daherkommt, ist schon eine sehr peinliche Angelegenheit. Diese Fähnchen waren derartig klein, dass man sie kaum wahrgenommen hat, wenn man nicht wusste, dass sie da waren. Da brauch auch keiner kommen und so etwas auf die Kurzfristigkeit schieben, das war einfach lieblos, ohne Mühe dahin geklatscht, noch dazu mit vermutlich enormem finanziellem Aufwand. Zum Vergleich hierzu übrigens die Choreografie zum Abschied von Wolfgang Frank, die aus der Fanszene heraus organisiert innerhalb von nur 1 Woche auf die Beine gestellt wurde und vermutlich nicht ansatzweise soviel Geld verschlungen hat.
Noch schlimmer wurde es aber dann nach dem Spiel, als die Mannschaft erst stundenlang im Mittelkreis stand, bevor sie endlich den Weg zum Feiern in die Kurve antrat. Dabei wurde dann noch bayerntypisch mit Maßgläsern herumhantiert, was schon derartig abgekupfert war, dass einem schlecht werden konnte. Der Höhepunkt in negativer Hinsicht dann aber ein von der Mannschaft präsentiertes Spruchband nebst eigens aufgestellten Konfettikanonen. Dieses Ding wurde von irgendeinem Marketingfuzzi bestellt, von 5 Euro Praktikanten ausgerollt und dann den Spielern in die Hand gedrückt, von denen vermutlich keiner etwas davon wusste. Einfach nur billige, inszenierte Scheiße, die ein Großteil der Leute auch noch bejubelt, die totale Volksverdummung. Wenn die Mannschaft sich ernsthaft bedanken möchte, dann sollte dieser Antrieb von sich aus kommen, dann muss man selbst mal den Pinsel in die Hand nehmen, dann würde man das euch auch abkaufen. Aber so ein bedrucktes Teil aus der Marketingabteilung kommt überall her, aber ganz sicher nicht von Herzen! Aber auf ähnliche Weise wurde ja auch schon der Bruchwegabschied und die Eröffnung des Stadions am Europakreisel komplett entemotionalisiert. Planspiele von Marketingexperten haben einfach keine Leidenschaft und stinken gewaltig ab gegen echte Leidenschaft aus der Fanszene.
Wenn man da an die Szenen der Aufstiege oder den vorherigen Europacupeinzug zurückdenkt, läuft es einem eiskalt den Rücken runter. Da wurde der Euphorie und den Gefühlen einfach freien Lauf gelassen, Platzsturm, Pyro und eine gehörige Portion Chaos haben diese Momente unvergesslich gemacht!
Aber auch diese Inszenierungen sind wohl Ergebnis der neuen Linie von Vereinsseite, in der für Fankultur und kritische Meinungsäußerung kein Platz ist. Naja, solange der Rubel rollt….
Unsicherheitsfaktor Polizei
Einen weiteren negativen Höhepunkt setzte an diesem Tag der Auftritt der Mainzer Polizei, die mit einem utopischen Aufgebot Stadion und Umgebung bevölkerten. Schon auf dem Hinweg zum Stadion wollte die Polizei völlig unnötigerweise Ketten um den Mainzer Fanhaufen bilden, die vom Bruchweg zum neuen Stadion liefen. Noch nie war es auf diesem Marsch zu größeren Problemen bekommen und auch heute verlief dieser ohne jegliche Zwischenfälle, bis die Polizei provokativ ein Spalier darum bilden wollte. Wer im Weg stand oder anders laufen wollte, wurde zur Seite geschubst. Nur der Besonnenheit der Szene ist es zu verdanken, dass dieses ständige Provozieren und Gängeln von Seiten der Polizei nicht zu Schlimmerem führte. Gerade in den letzten Wochen hat man vermehrt den Eindruck, dass die Polizei versucht, durch solche Sinnloseinsätze, gezielt zu provozieren und Reaktionen hervor zu rufen. Bislang wurde dieses Getue weitgehend ignoriert und die Polizei dafür nur mit Häme und Spott bedacht. Da sollten auch weiterhin alle höllisch aufpassen, sich nicht zu irgendwelchen Dummheiten hinreißen zu lassen. Darauf wartet diese Drecksbande nur, um dann Leute in die Scheiße zu reiten.
Ebenso affig auch der Einsatz zweier Wasserwerfer am HSV-Block, auch hierfür gab es keinerlei Anlass. Zumindest im Vorfeld sprach die Polizei ja davon, dass HSV-Fans zünden oder den Platz stürmen könnten. Was daran 2 außerhalb des Stadions postierte Wasserwerfer hätten ändern sollen, bleibt zumindest uns ein Rätsel. Dieses unglaubliche Aufrüsten von Polizeiseite war in jedem Fall völlig übers Ziel hinaus. Die Mainzer Szene jedenfalls machte sich nach dem Spiel auch noch einen Spaß daraus, ein Gruppenfoto mit den Wasserwerfern zu schießen. Kurzzeitig recht absurde Situation, die die anwesenden Beamten wieder das Schlimmste vermuten ließ und auch leicht in Panik versetzte. Keine Sorge, keiner wollte euch was Böses tun, wir wollten uns nur über euch und euren Irrsinn ein wenig lustig machen….
Sehr amüsant auch noch am Rande zu erwähnen, dass während der gesamten Mainzer Feierlichkeiten, also auch noch gut eine halbe Stunde nach Spielende, im völlig leeren Gästeblock eine ACAB Fahne vorne am Zaun prangte. Nach dem letzte Woche aufgrund eines ähnlichen Plakates, die Hamburger Polizei einen Fanblock unter Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray stürmte und dabei 150 Verletzte verursachte, konnte quasi dieselbe Fahne hier über Ewigkeiten völlig unbehelligt hängen bleiben. Nicht, dass wir uns wünschen würden, dass die Mainzer Polizei den Block stürmt, es zeigt einfach nur allzu deutlich den Wahnsinn, der hinter vielen Polizeieinsätzen steckt! Sollte mal jeder in Ruhe drüber nachdenken, der solche Einsätze noch verteidigt oder befürwortet!
Alles in allem also zahlreiche unschöne Nebengeräusche, die zumindest uns den ganzen Tag doch etwas vermiest haben. Man kann nur an den Verein appellieren in Zukunft der Fanszene bei solchen Erfolgen etwas mehr das Ruder in die Hand zu geben. Chaotisch, spontan und leidenschaftlich ist einfach besser als gekünstelt und inszeniert! Der Polizei sei gesagt: Haut einfach ab, euch braucht wirklich kein Mensch!